Kennen Sie das Bannewitzer Musiktheater?

22.09.2015

Musikverein wird 25

Als 1990 der Musikverein Bannewitz e.V. gegründet wurde, war die Musikbühne Bannewitz ein Ensemble, das schon seit 1989 Musiktheater spielte. Deren Leiterin war von Beginn an Elisabeth Scholz, die die Stücke schrieb und Regie führte.
Sie erinnert sich an manch aufregende Episode aus der Anfangszeit. „‚König Drosselbart‘ hieß die erste Inszenierung, im August ´89, drei Wochen vor der offiziellen Premiere vor einer staatlichen Prüfungskommission, erhielt unser Hauptdarsteller Eckhart seine lang ersehnte Ausreise nach Westberlin. Wir mussten umbesetzen, was der pubertierenden Königstochter sehr missfiel. Die spielte übrigens meine 12-jährige Tochter Anna Maria, heute tourt sie als Annamateur durch die Lande. Kurz vor Vorstellungsbeginn erschien Eckhart, der illegal nach Dresden über ein Tagesvisum von West- nach Ostberlin eingereist war, und die Premiere war gerettet.“
Zunächst wurden Märchen musikalisch inszeniert. Die Begleitung übernahm die Blockflötengruppe. Musik der Renaissance und des Barock wählte Elisabeth Scholz aus, schrieb dazu die Liedtexte oder die Choreografie. Das Drei-Personen-Stück „Vom Fischer und seiner Frau“ war das erfolgreichste, über 90 Mal ging es über die Bühne. Auch bekannte Kantaten führte die Musikbühne szenisch auf, so die Bauernkantate von Bach und die Schulmeister-Kantate von Telemann. Ein kleines Wagnis, aber gelungen, war das Lohengrin-Spiel für Kinder, frei nach Richard Wagners Heldenoper in nur 45 Minuten. „Eine Zuschauerin sagte einmal nach der Vorstellung, jetzt habe sie Lohengrin verstanden, so schwer ist der gar nicht!“, erinnert sich schmunzelnd Elisabeth Scholz.
Oft ging die Musikbühne auf Reisen und mit dem Kindermusical „Die Weltreise“ sogar nach Italien und Ungarn, mit der Struwwelpeter-Kantate nach Frankfurt/Main und Tschechien. Hier wie bei den Kantaten aus der Barockzeit übernahm ein Jugendorchester die Begleitung. So spielte 2011 das en­semble interregio, ein polnisch-tschechisch-deutsches Orchester, in dem auch Musikschüler aus der Partnerstadt Bräunlingen (Baden-Württemberg) musizierten.
Seit 15 Jahren arbeitet die Bannewitzer Musikbühne mit der Musikbühne des Humboldt-Gymnasium Radeberg zusammen, die von Gerald Scholz, Musiklehrer am Gymnasium, geleitet wird. Bei gemeinsamen Projekten, wie zum Beispiel die Orffsche Weihnachtsgeschichte (gemeinsam mit dem Radeberger Kirchspiel) profitieren beide Gruppen; so sind manche Aufführungen erst personell möglich. Einmal wechselte nur der Titel, der „Musikus von Radeberg“ hieß eine Woche später „Musikus von Bannewitz“. „Auch bei kurzfristigen Ausfällen gibt es keine Probleme“, sagt Gerald Scholz, der seiner Bühnenchefin und Ehefrau in musikalischer und szenischer Einstudierung zur Seite steht. „Einmal rupften die Radeberger die Bannewitzer ‚Weihnachtsgans Auguste‘, auch eines der Erfolgsstücke, frei nach dem gleichnamigen Märchen von Konrad Wolf.
Das Stück „AUGUSTs STARKE Schwächen“, das zum Tag der Sachsen 2012 in Freiberg Premiere hatte, stellte den Höhepunkt der Zusammenarbeit beider Musikbühnen dar. Hier schrieb Elisabeth Scholz das Libretto und wählte Musik der Augustinischen Zeit, schrieb dazu Liedtexte und entwarf die Choreografie der Barocktänze. Etwa 30 Darsteller und Musikanten waren auf, neben und vor der Bühne zu sehen, deren Bühnenbilder auch eigens für das Stück entworfen und gebaut wurden. 2013, kurz nach der Rekonstruktion des Saales im Kompressorenbau, hatte die zweistündige Aufführung auch in Bannewitz Premiere. Insgesamt erlebten über 3000 Zuschauer in Sachsen und der Partnerstadt Bräunlingen das Spektakel, 2018 ist an eine Neuauflage gedacht.
Ebenfalls 2013 erfreuten die Musikbühnler die Gäste zu den Bannewitzer KulturTagen mit einer musikalischen Kriminalkomödie. „Ein Krimimusical stand schon lange auf der Wunschliste der Kinder“, sagt Elisabeth Scholz und schrieb über viele Wochen am neuen Stück. „Die Macht der schwarzen Rose“ hieß die Show, in der immerhin vier Leichen zu beklagen waren und das Publikum ins Detektivspiel einbezogen wurde. Mit Melodien und Showtänzen der Goldenen 1920er und 30er Jahre, mit Clownerie und Can-Can-Tänzen wuchsen die jungen Darsteller über sich hinaus.
Nicht weniger turbulent ging es in den nächsten beiden Jahren weiter, als „Das Tapfere Schneiderlein“ (2014) und „Vom Fischer und seiner Frau“ (2015) erneut inszeniert wurden. Da auch die Bannewitzer Rabauken, der Kinderfasching des Musikvereins, jährlich lustige Bühnenstücke aufführen, sind Humor und Spaß in der KulturTankstelle fest eingebunden.
Zusätzlich zu den Jahresproduktionen werden für die Weihnachtszeit kleinere Stücke einstudiert. Neben der schon erwähnten „Weihnachtsgans Auguste“ waren das „Schneewittchen“, „Frau Holle“ oder im letzten Jahr „Die Sterntaler“, aber auch „Tausend Sterne sind ein Dom“, die bekannte Kantate des Dresdner Komponisten Siegfried Köhler.
Für die neue Saison werden gegenwärtig die Stücke herausgesucht, um- oder neu geschrieben. „Viel hängt dabei davon ab, welche Kinder bei Musikbühne und Chor dabei sind“, sagt Elisabeth Scholz. Noch können sich Schülerinnen und Schüler etwa der Klassen 3 bis 7 in der KulturTankstelle melden. Die Proben finden freitags von 15.30 bis 16.30 Uhr statt. Zweimal im Jahr wird auch an Wochenenden geprobt, das nächste Mal vom 13. bis 15. November 2015.

Dieser Artikel wurde im Bannewitzer Blick veröffentlicht.

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